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Studierende beraten Dortmunder Politik

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Renate Lanwert-Kuhn und Gunther Niermann (vorne, v.l.) vom Paritätischen Wohlfahrtsverband mit Sozialdezernentin Birgit Zoerner, Vertr.-Prof. Dr. Bastian Pelka und Diakonie-Geschäftsführer Niels Back bei der Präsentation der Ergebnisse durch die Studierenden der TU Dortmund (Hintergrund). © Tim Cocu​/​Diakonie Dortmund
Renate Lanwert-Kuhn und Gunther Niermann (vorne, v.l.) vom Paritätischen Wohlfahrtsverband mit Sozialdezernentin Birgit Zoerner, Vertr.-Prof. Dr. Bastian Pelka und Diakonie-Geschäftsführer Niels Back bei der Präsentation der Ergebnisse durch die Studierenden der TU Dortmund (Hintergrund).
Digitale Teilhabe für Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen: TU-Studierende diskutieren Forschungsergebnisse mit Wohlfahrtsverbänden und Sozialdezernentin

Die digitale Transformation verändert unsere Gesellschaft auf allen Ebenen. Doch wie erreichen die neuen Möglichkeiten die Menschen, die nicht über das technische Wissen, die Endgeräte oder die Fähigkeiten, diese zu nutzen, verfügen? Diesen und weiteren Fragen rund um die Digitalisierung von Gesundheit, Arbeit und Teilhabe geht eine aktuelle Forschungsarbeit von Studierenden der Rehabilitationswissenschaften unter Betreuung von Vertr.-Prof. Dr. Bastian Pelka, Dr. Susanne Dirks, Dr. Jan Jochmaring und Dr. Jana York in Kooperation mit den Wohlfahrtsverbänden aus Dortmund nach. Ihre Ergebnisse stellten die Studierenden am 26. September 2022 der Dortmunder Politik vor.

In einem „Dortmunder Modell“ wurden die Handlungsempfehlungen für die Verbände und die städtische Sozialpolitik zusammengefasst, um sich gemeinsam und mit Weitsicht für eine Digitalisierung von sozialen Diensten für Menschen mit unterschiedlichen Unterstützungsbedarfen zu rüsten. Soziale Angebote in Dortmund, etwa Beratungsstellen oder Betreuungsdienste und -angebote, sollten ihre Kompetenzen vereinen, so eine Kernaussage des „Dortmunder Modells“: Vernetzte Träger klären gemeinsam, welche digitalen Angebote die Einrichtungen und vor allem die Menschen, die sie in Anspruch nehmen, entlasten könnten und wie diese gestaltet sein sollten. Dies geschieht im Dreieck mit Stadtverwaltung und -politik. Gemeinsam sollen die Träger die Qualitätsstandards festlegen, Verfahren entwickeln und Informationen austauschen, so weitere Kernaussagen.

Im Rahmen ihrer Forschungsarbeit haben neun Studierende im Master Rehabilitationswissenschaften 30 geförderte Digitalisierungsprojekte untersucht, die in den vergangenen zwei Jahren von Wohlfahrtsverbänden — also Arbeiterwohlfahrt, Caritasverband, Diakonie, Deutsches Rotes Kreuz, Der Paritätische und die Jüdische Kultusgemeinde — umgesetzt wurden. Die von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW mit insgesamt 2,2 Millionen Euro geförderten Projekte hatten das Ziel Menschen jeden Alters, mit und ohne Beeinträchtigungen oder mit und ohne Migrationshintergrund mit dem Umgang mit digitalen Medien vertraut zu machen und sie bei Bedarf mit Geräten auszustatten und Beratungs- und Austauschforen in digitaler Form zu schaffen. Beispiele dafür sind digitale Selbsthilfegruppen, eine Beschwerde-App, Online-Beratungszeiten oder die Bereitstellung von und die Schulung zur Nutzung von Tabletcomputern.

Während sich die Forschungsergebnisse auf allgemeine Handlungsempfehlungen beschränkten, wurden die Erfahrungen der Einrichtungen mit den Projekten weitaus greifbarer: Alle Träger trafen hier auf große Nachfrage. Schließlich, und auch das war Ausgangslage der Forschung, leben allein in Dortmund immerhin rund neun Prozent der Erwachsenen völlig offline. Sie nutzen keinerlei Geräte oder digitale Dienstleistungen rund ums Internet. Zu ihnen gesellen sich zusätzliche sechs Prozent der Stadtgesellschaft, so genannte „Minimal-Onliner*innen“. „Das sind Menschen, die zwar ein Smartphone oder ein Tablet besitzen, aber keinerlei Wissen über die Funktionen abseits des Telefonierens oder Nachrichtenschreibens haben“, erklärte Vertr.-Prof. Dr. Pelka. Diese beiden Gruppen der digital Abgehängten beziffert er mit ca. 88.200 Bürgerinnen und Bürgern allein in Dortmund. Die meisten seien älter und verfügten über eine eher niedrige Bildung, nicht wenige nutzen Unterstützungsangebote der Wohlfahrtsverbände. „Hier verstehen wir uns als Anwalt für sozial Benachteiligte. Armut und mangelnde digitale Teilhabe hängen zusammen“, betonte Diakonie-Geschäftsführer Niels Back bei der Vorstellung der Untersuchung und ergänzte: „Natürlich müssen öffentliche Dienstleistungen auch immer analog möglich sein, doch gibt es so viele Möglichkeiten, Menschen besser zu vernetzten. Etwa durch die Stärkung einer digitalen Nachbarschaft. Schließlich ist Vereinsamung eines der ganz wichtigen sozialen Themen unserer Gesellschaft und damit auch unserer Arbeit.“

Birgit Zoerner, Dezernentin für Arbeit, Gesundheit und Soziales der Stadt Dortmund, bilanzierte nach der Präsentation, dass Perspektiven und Empfehlungen der Forschung mit den Diskussionen in der städtischen Kommission „Soziale Stadt“ in Einklang seien: „Dort haben wir das Thema unter drei Überschriften aufgegriffen: Digitale Vernetzung von Nachbarschaften, Technische Unterstützung von Menschen ohne Zugang und digitale Bereitstellung von Service und Angeboten rund um Beteiligung, Freizeit und Aktivitäten in unserer Stadt.“ Ziel sei es, unter dem Motto „Dortmund wird einfacher“, Hürden in der Verwaltung abzubauen und Zugänge durch digitale Angebote zu vereinfachen.

Dezernentin und Wohlfahrtsverbände dankten den Studierenden für ihre Studie und diskutierten Wege, die Empfehlungen in den nächsten Jahren in die Dortmunder Politik zu integrieren.