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Gleichstellung

Was ist Sexualisierte Gewalt?

 „Ich war überrascht, dass ich so viel beizutragen hatte. Ich hatte meine Erlebnisse schon beinahe vergessen oder verdrängt, und dachte, ich müsste überall ‚nein‘ ankreuzen. Jetzt ist mir bewusst geworden, dass es fast normal ist für eine Frau, das eine oder andere negative erlebt zu haben.“ (Studentin im Online-Fragebogen)

Entgegen den Fakten hält sich der Mythos vom anonymen männlichen Täter, der im Dunkeln auf öffentlichem Gelände angreift. Damit wird die Wirklichkeit, dass schwerere und schwere sexuelle Übergriffe vornehmlich durch z. T. nahe Bekannte im sozialen Umfeld stattfinden, ignoriert. In diesem Zusammenhang ist auch das Ergebnis zu interpretieren, dass sich Studentinnen im Falle eines Übergriffs durch einen bekannten Täter im hohen Maße mit dem Gefühl der Mitverantwortung tragen und ihre Erlebnisse weniger mitteilen. Hochschulstudien zeigen, dass eine große Mehrheit von Studentinnen sexuelle Belästigung und eine kleine Anzahl auch sexuelle Gewalt erleben. Zu den Tätern an Hochschulen gehören mehrheitlich Kommilitonen, zu einem geringen Teil auch Dozenten. Das Erlebte, unabhängig von seiner Schwere, belastet nicht nur das Sicherheits-, Wohlfühl- und Selbstwertgefühl der bzw. des Einzelnen, sondern auch das Studierverhalten. Dabei wird der Übergriff ganz individuell empfunden: Es gibt keinen verbindlichen Maßstab, (ab) wann er zu einer emotionalen Belastung werden darf, und dieses Empfinden bedarf keiner Rechtfertigung anderen gegenüber. Sexuell übergriffiges Verhalten ist unerwünscht und erfolgt ohne Aufforderung und Einverständnis. Oftmals wiederholt es sich sogar trotz offener Ablehnung und Gegenwehr.

Doch auch ohne explizite Abwehr ist es das, wie es die betroffene Person empfindet: ein als wahlweise unangemessenes oder unangenehmes oder gewaltförmiges oder traumatisches Erlebnis, das einem gegen den eigenen Wunsch bzw. Willen aufgezwungen wird. Dabei spielt auch keine Rolle, ob einem die übergriffige Person bereits bekannt ist oder nicht, wie man angezogen ist, wo man sich befindet, ob man feiert oder im Seminar sitzt. Nein heißt nein und schon abwehrendes und ablehnendes Verhalten ist nicht als potentielle Zustimmung zu interpretieren. Sexuelle Belästigung ist kein Kompliment und aufgezwungene, auch nur verbale, Intimität ist kein „Kavaliersdelikt“ (Mögliche Formen sexueller Belästigung). Auch das Einfordern von (körperlichen) Entgegenkommen ist Gewalt, auch wenn eine „Gegenleistung“ in Aussicht gestellt wird. Betroffene Studierende müssen die `Normalität´ solcher Übergriffe nicht akzeptieren; vielmehr dürfen sie nicht ´normal´, ja, sie müssen inakzeptabel sein. Eine tolle Hilfe, wenn man sich doch unsicher fühlt, wie man Erlebnisse interpretieren sollte, ist das Buch „Grauzonen gibt es nicht“ (Publikation Hassan, S. & Sanchez-Lambert, J. 2019. Grauzonen gibt es nicht.)

Oftmals fühlen sich Betroffene nach erlebten Übergriffen alleine und denken, nur sie haben so etwas erlebt. Häufig wissen sie nicht, an wen sie sich wenden können, wenn sie dies wollen. Wie gesagt: Leider geschehen sexuelle Übergriffe auch im Studienkontext – auf dem Uni-Gelände, in Seminar-Räumen, in der Bibliothek oder der Mensa. Man muss sie sich nicht gefallen lassen. (Sexuelle Gewalt an der Hochschule)

Deine Hochschule akzeptiert solches Verhalten nicht und hat Maßnahmen zur Verfügung, dagegen anzugehen. Aber nur Du als Betroffene® kannst wissen, wie Du Dich fühlst und was Du – jetzt oder später – tun willst, damit es Dir besser geht. An der Hochschule gibt es verschiedene Anlaufstellen, an die Du Dich wenden kannst: auf zentraler Ebene die Gleichstellungsbeauftragte oder die Psychologische Beratung. Oder Du wendest Dich an ein_e Dozent*in Deines Vertrauens. An der Fakultät für Rehabilitationswissenschaften gibt es eine Vertrauensdozentin, an die sich Betroffene von sexueller Belästigung und Gewalt wenden können (Katrin List). Im Weiteren findest Du eine Übersicht der Hilfeanlaufstellen bei Übergriffen sexualisierter Gewalt auf unserer Seite.

Die Zentrale Beratungsstelle zum Schutz vor Diskriminierung und vor sexualisierter Gewalt (kurz: SchuDS) der TU Dortmund ist die zentrale Anlaufstelle für Menschen, die Diskriminierung oder sexualisierte Gewalt erleben oder beobachten oder auch nur Fragen zum Thema haben. Die SchuDS ist für alle Mitglieder und Angehörigen wie Studierende, Lehrende, Mitarbeitende der TU Dortmund und alle Personen, die sich berechtigterweise mit Wissen und Wollen der TU Dortmund zeitweilig und/oder dauerhaft im Zusammenhang mit den originären Aufgaben der Hochschule dort aufhalten, da.

Publikation Hassan, S. & Sanchez-Lambert, J. 2019. Grauzonen gibt es nicht.

Download hier

Die TU Dortmund hat in ihrer amtlichen Bekanntmachung 16_22 aus dem Juni 2022 eine Richtlinie zum Schutz vor Diskriminierung und vor sexualisierter Gewalt an der TU Dortmund veröffentlicht und kündigt dort z.B. eine Zentrale Beratungsstelle für Fälle von Diskriminierung und sexualisierter Gewalt an.

Rund 70% der Studentinnen, die an der Umfrage teilgenommen haben, gaben an, irgendwann in ihrem Leben sexueller Belästigung ausgesetzt gewesen zu sein, davon fühlten sich auf den Zeitraum ihres Studiums bezogen rund 20% von diesen Übergriffen bedroht.Jemand sich vor mir entblößt hat, um mich zu belästigen oder zu erschrecken.

Wenn...

  • Jemand mich über Telefon, SMS, E-Mail oder Brief mit unanständigen oder bedrohlichen Dingen belästigt hat.
  • Ich durch Nachpfeifen, schmutzige Bemerkungen oder Anstarren belästigt wurde.
  • mir jemand durch Kommentare über meinen Körper, mein Privatleben, sexuelle Anspielungen oder aufdringliche sexuelle Angebote ein ungutes Gefühl gegeben hat.
  • jemand mir unnötig nahegekommen ist, sich z.B. zu nah über mich gebeugt hat oder mich auf eine Weise in eine Ecke gedrängt hat, die ich als aufdringlich empfand.
  • jemand mir obszöne Witze erzählt hat und mit mir auf eine Art und Weise gesprochen hat, die ich als sexuell bedrängend empfand.
  • jemand mich betatscht oder gegen meinen Willen zu küssen versucht hat.
  • jemand mir nachgegangen ist, mich verfolgt oder bedrängt hat, so dass ich es mit der Angst zu tun bekam.
  • jemand mir zu verstehen gegeben hat, dass es nachteilig für meine Zukunft oder mein berufliches Fortkommen sein könnte, wenn ich mich sexuell nicht auf ihn/sie einließe.
  • jemand mir in unpassenden Situationen pornographische Bilder oder Nacktbilder gezeigt hat.
  • andere Situationen von sexueller Belästigung.

Die  Ergebnisse sind dem deutschen Datensatz des internationalen Forschungsprojektes „Gender-based Violence, Stalking and Fear of Crime“ (2009-2012) im Umfang von ca. 12.000 Antworten entnommen

Wo findet Gewalt statt?

Nur ein geringer Teil der angegebenen Übergriffe ereignet sich auf dem Gelände und in Gebäuden der Hochschule. Erlebten 15% der Studentinnen sexuelle Belästigung an der Hochschule, wurden Stalking und sexuelle Gewalt in jeweils nur rund 5% der Fälle an der Hochschule erlebt. Der überwiegende Teil an sexueller Gewalt ereignet sich in den eigenen vier Wänden bzw. in einer fremden Wohnung,

Wer übt Gewalt aus?

Sowohl sexuelle Belästigung und sexuelle Gewalt als auch Stalking wird in erdrückender Mehrheit von Männern ausgeübt: So gingen 98,9% der Belästigung und 99,31% der sexuellen Gewalt von Männern aus. Während sich sexuelle Belästigung und Gewalt damit als ein praktisch ausschließlich männliches Verhalten gegenüber Frauen darstellt, ist die Quote bei Stalking etwas weniger geschlechtsspezifisch: Hier gaben die Studentinnen in 92% der Fälle an, von Männern gestalkt worden zu sein.

Wie sicher fühlen sich Studentinnen?

Jede siebte Studentin gab an, im Dunkeln nicht allein über das Universitätsgelände gehen zu wollen. Interviews deuten darauf hin, dass Angst viele Studentinnen in ihrer Bewegungsfreiheit und damit Studierfähigkeit einschränkt.

Eine deutliche Diskrepanz gibt es zwischen der Wahrnehmung von „Angstorten“ und den tatsächlichen Tatorten. Tatsächlich ereignet sich sexuelle Gewalt deutlich häufiger in Büros, die ihrerseits von den Studentinnen nicht als Angstorte wahrgenommen werden.

Sprechen Studentinnen über erlebte Gewalt?

Die Bereitschaft, über einen erlebten Übergriff zu sprechen, hängt in erheblichem Maße davon ab, um welche Form von Gewalt es sich handelt. Über die Hälfte der Studentinnen, die sexuelle Gewalt erlebt haben, schweigen darüber. Schamgefühle und Selbstvorwürfe werden als die mit Abstand häufigsten Gründe für das Schweigen angegeben.

Sexualisierte Übergriffe trifft nicht nur Studentinnen

Auch Studenten erleben sexuelle Belästigung während ihrer Studienzeit: Gut 21 Prozent gaben dies in einer Umfrage an (vgl. List 2014). Gleichzeitig nehmen sie das Thema der sexuellen Gewalt nicht als eines wahr, dass sie betreffen könnte. Die Gründe liegen in dem gesellschaftlichen Bild von Männlichkeit und männlicher Sexualität. Entsprechend gibt es auch weniger Hilfeanlaufstellen für betroffene Männer.

Hier findet Ihr die Übersicht der Hilfeanlaufstellen bei Übergriffen sexualisierter Gewalt.

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